Mobilmachen gegen geplantes Kinderförderungsgesetz (KiFöG)

Am Dienstag, 15.01.2013, abend um 20:00 hatte die evangelische Kindertagesstätte zu einer Diskussion zum Entwurf des Hessischen Kinderförderungsgesetzes (KiFöG) in die evangelische Kirche eingeladen. Die Teilnahme der Erzieherinnen, Eltern, Politiker und interessierten Bürgern war so zahlreich, dass sich kaum noch ein freier Sitzplatz finden ließ.

Die Leiterin der ev. Kita, Frau Helga Lindner, führte im Detail aus, was die Umsetzung der im Gesetzesentwurf der Landesregierung für die Kita konkret bedeutet. Dabei wurde klar, dass die Bemessung der öffentlichen Förderung von heute ca. 280 Fachkraftstunden pro Woche sich auf ca. 190 Fachkraftstunden pro Woche reduzieren wird. Ein drastischer Einschnitt, der de facto die Reduzierung des zur Kinderbetreuung eingesetzten Personal um ca. 1/3 bedeutet oder ganz anschaulich: den Personalabbau von über zwei Vollzeitkräften.

Frau Lindner machte auch deutlich, dass die einzige Stellschraube, die einen Weiterbetrieb der ev. Kita, wenn auch nur unter erschwerten Bedingungen, überhaupt noch möglich erscheinen lässt, die drastische Reduzierung der Öffnungszeiten ist. Derzeit stellt die ev. Kita mit 10 Stunden Betreuung täglich von Montag bis Freitag das attraktivste Angebot für berufstätige Eltern in Groß-Zimmern dar. In Zeiten, in denen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum erklärten Ziel unserer Gesellschaft geworden ist, und in Zeiten, in denen die Beschäftigungsquote bei Frauen in Deutschland nur noch knapp hinter dem europäischen Spitzenreiter Schweden liegt und stramm auf die 80% zugeht, muss die Politik derartige Angebote fördern. Der vorliegende Gesetzesentwurf von CDU und FDP hingegen gibt starke Anreize, die Öffnungszeiten zu verkürzen.

Demnach würde die ev. Kita bei einer Verkürzung der Öffnungszeiten von derzeit 50 Wochenstunden auf 37,5 Wochenstunden die gleichen Fördermittel erhalten, hätte aber einen 25% geringeren Personalaufwand als heute. Frau Lindner veranschaulichte diesen Sachverhalt sehr plakativ in einer Gegenüberstellung der zukünftigen Förderungen ihrer Kita und der Kita Blumenstraße. Die Kita Blumenstraße würde sich dann bei Öffnungszeiten von deutlich unter 40 Wochenstunden sogar noch besser stellen als die ev. Kita, weil der ev. Kita noch zusätzliche Nachteile durch neue KiFöG entstehen durch die Betreuung von Inklusionskindern. Eine weitere Schwäche der geplanten Gesetzesänderung.

Die Empörung bei den Teilnehmern der Veranstaltung über den Gesetzesentwurf äußerte sich in der an Frau Lindners Vortrag anschließenden Diskussion in vielen Wortmeldungen. Lediglich der Bürgermeister von Groß-Zimmern versuchte zu beschwichtigen und die sachlich vorgetragenen Argumente durch Aussagen wie “bei jeder Gesetzesänderung gibt es Gewinner und Verlierer” und er könne sich nicht vorstellen, dass Frau Lindner ihre Stelle verlieren würde, zu relativieren. Im Saal vermochten diese betulichen Worte jedoch niemanden zu beruhigen. Es überraschte auch, dass der Bürgermeister die Nachteile, die vor Ort in unserer Gemeinde mit dem neuen Gesetz entstehen, gegen mögliche Vorteile von Kitas in Nordhessen aufgewogen sehen möchte. Es ist auch bei der Konzeption des Gesetzentwurfs nicht zu erkennen, dass gerade in den dünn besiedelten Regionen Nordhessens Vorteile entstehen könnten. Im Gegenteil: dadurch, dass sich Förderung in Zukunft an der Anzahl der Kinder und nicht mehr an der Anzahl der Gruppen bemisst, wird Kindergärten und Kitas, die auf Grund der örtlichen Begebenheiten die Gruppen nicht randvoll mit 25 Kindern besetzen können, die Existenzgrundlage entzogen.

Wer sich das Gesetz anschaut und die kritischen Würdigungen der betroffenen Verbände und der Opposition im Landtag dagegen hält, wird schnell erkennen, dass dieses Gesetz nicht nur ein Problem für eine Kita in Groß-Zimmern ist, sondern massive Auswirkungen auf das gesellschaftliche Zusammenleben hat, insbesondere auf junge Familien und berufstätige Mütter. Und natürlich auch auf die Kinder, denn Qualität in der frühpädagogischen Betreuung lässt dieser Gesetzesentwurf nicht mehr zu. In der Veranstaltung in ev. Kirche wurden Unterschriften gegen den Gesetzesentwurf gesammelt. Die Listen liegen zur Unterschrift weiterhin in der ev. Kita aus.

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